Tagesschau im Lügenmodus – Wie der Beschuss von Donezk umgedeutet wurde
von Dagmar Henn und Anton Gentzen
Der Zuschauer in Deutschland ist einiges an Falschnachrichten und Manipulationen gewöhnt, doch meistens funktioniert die Propaganda der Mainstream-Medien subtiler und geschickter als am Montag dieser Woche. Da behauptete die gebührenfinanzierte Tagesschau der ARD doch tatsächlich, Russland habe die "ostukrainische Stadt" Donezk mit Raketen und schwerer Artillerie beschossen. Dasselbe Donezk, das dieselbe Tagesschau sonst "Separatistenhochburg" nennt. Dies geschah, obwohl dieselbe Tagesschau noch wenige Stunden zuvor wahrheitsgemäß von ukrainischem Beschuss berichtet hatte. Handwerklicher Fehler oder bewusstes Lügen in der Prime Time - was war da los?
Was am Montag in Donezk los war, wissen wir inzwischen etwas genauer: Örtliche Journalisten sprechen vom schlimmsten Tag seit 2014. Wie damals richtete sich der Beschuss nicht nur gegen Viertel am Stadtrand, die all die Jahre über beinahe täglich Ziel von Artilleriefeuer waren, sondern gegen das Zentrum der Stadt Donezk, wie bei dem Angriff mit einer Totschka-U im März.
Mehr als 120 Grad- und Uragan-Mehrfachraketen und zwischen 100 und 150 155-mm-Artilleriegranaten aus Beständen der NATO hat die ukrainische Artillerie im Lauf des Tages auf die Republikshauptstadt abgefeuert.
Dass die Toten dieses Tages nicht nur Geschossen aus Grad- und Uragan-Raketenwerfern zum Opfer fielen, sondern auch Granaten aus Artillerie des NATO-Kalibers 155 Millimeter, dürfte eine zusätzliche Motivation zur Verfälschung der Nachricht gegeben haben. Das ist eindeutig ein NATO-Kaliber, das die ukrainischen Streitkräfte erst seit den Lieferungen in jüngster Zeit überhaupt nutzen. Dieser Beschuss von Donezk hat also demonstriert, wozu diese Waffenlieferungen genutzt werden: um die Zivilbevölkerung des Donbass zu terrorisieren. Wofür Bundeskanzler Scholz gerade erst weiteren deutschen Nachschub an Waffen und Munition zugesichert hat
Dutzende von Häusern und Gebäuden wurden beschädigt, der erste Angriff galt einem Lebensmittelmarkt, im Laufe des Tages und bis in den späten Abend hinein folgten Schulen, ein Krankenhaus samt Geburtsstation, Wohnhäuser. Dabei wurden fünf Zivilisten getötet und 39 weitere verletzt. Unter den Toten ein 11jähriger Junge, das Foto seines Leichnams neben dem Leichnam seiner jungen Mutter machte in den sozialen Netzwerken die Runde. Man sollte es gesehen haben, damit die Tausenden ziviler Opfer des Donbass auch ein Gesicht und etwas Empathie des westlichen Medienkonsumenten bekommen.
Ausnahmsweise berichtete die Tagesschau über das Leid auf jener Seite des Konfliktes. Aber wie!
In dem Kurzvideo in der Sendung um 16 Uhr, das die Lösch- und Aufräumarbeiten nach dem morgendlichen Beschuss eines Lebensmittelmarktes zeigt, sind es knapp zehn Sekunden Beitragstext der aus dem Off erläuternden Sprecherin:
"Dies ist der Markt in der ostukrainischen Stadt Donezk, oder das, was davon übrig ist. Drei Menschen sollen bei dem russischen Angriff getötet worden sein."
In der Hauptsendung des Abends um 20.00 Uhr ist der Text etwas abgewandelt:
"Zivile Ziele, immer wieder stehen sie unter Beschuss der russischen Armee. Dies ist der Markt in der ostukrainischen Stadt Donezk, oder das, was davon übrig ist."
Einen Unterschied macht es allenfalls aus Sicht von Winkeladvokaten und aus Sicht der Rechtsabteilung des NDR. Natürlich ist auch der Text in der Sendung um 20.00 Uhr, auch wenn nicht mehr explizit von einem "russischen Angriff" die Rede ist, darauf angelegt, dass der Zuschauer das Bombardement als ein russisches wahrnimmt. Eben weil der erste Satz genau darauf konditioniert.
Die Hauptausgabe der ARD-Tagesschau um 20.00 Uhr, früher einmal der Inbegriff von seriösem Journalismus, schalten Tag für Tag immer noch bis zu 16 Millionen Zuschauer ein. Unter anderem auch deshalb, weil jede ihrer Ausgaben zusätzlich in den Dritten Fernsehprogrammen (außer beim MDR), bei Phoenix, 3sat, Deutsche Welle TV (DW-TV), tagesschau24 und ARD alpha ausgestrahlt wird.
Die ukrainischen Streitkräfte seien zudem zunehmend "machtlos, gegen die massiven Angriffe der besser ausgerüsteten russischen Armee", erfahren die Tagesschau-Konsumenten. Auch dies ist Teil der bewussten Manipulation, das massive ukrainische Bombardement des russischen Donezk als Tat Russlands dastehen zu lassen. Mag ja sein, dass die ukrainische Armee unterliegt. Rechtfertigt dies den Beschuss von Donezk, den Mord an seinen Zivilisten? Im ukrainischen Verständnis ja sogar an den eigenen Staatsbürgern.
In beiden Fällen folgt dann der fließende Übergang zu dem ukrainischen Präsidenten Selenskij, der mal wieder im Rahmen einer mittlerweile vertrauten Videoschaltung seinen Zuhörern nachdrücklich vermitteln darf, wie er die aktuellen Ereignisse in der Ukraine einschätzt. So darf Selenskij "eindringlich" die in den USA zuhörenden Mitglieder der Nichtregierungsorganisation Amerikanisch-Jüdisches Komitee (American Jewish Committee) mit gewohnt sonorer Stimme "um Hilfe" bitten:
"Ich bitte Sie, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um Russlands Hass aufzuhalten, den Hass auf die Menschheit. Der Hass ist die treibende Kraft, mit der Russland seinen Krieg gegen die Ukraine fortführt und gegen die Freiheit in Europa und der Welt."
Das ukrainische Kriegsverbrechen wird als Argumentationshilfe für den ukrainischen Präsidenten umgedeutet.
Kann es nun ein Versehen, ein handwerklicher Fehler gewesen sein? Nein, eindeutig nein. Selten ist die Beweislage so eindeutig wie bei diesem Tagesschau-Bericht. Er verdreht die Fakten, er ist ein Fake.
Erstens, die Tagesschau selbst hatte es im Laufe des Tages bereits anders berichtet, wusste also, dass es zumindest eine andere Darstellung der Urheberschaft des Kriegsverbrechens gibt. So lautet die Meldung im Live-Ticker am frühen Nachmittag auf der sicherlich bedingt besuchten Webseite in einem erläuternden Text zum Ereignis:
"Bei einem ukrainischen (sic!) Artillerie-Angriff auf einen Markt in der von pro-russischen Separatisten gehaltenen Region Donezk sind nach einem Bericht der dortigen Nachrichtenagentur mindestens drei Menschen getötet und vier weitere verletzt worden."
Zweitens, alle Nachrichtenagenturen, die in den Redaktionsstuben der Tagesschau gelesen werden, sprachen an dem Tag korrekterweise von einem ukrainischen Angriff, einige relativierten es durch das Wort "mutmaßlich", doch niemand suggerierte so eindeutig wie die Tagesschau ein russisches Kriegsverbrechen.
Hier, beispielhaft eine Gegenüberstellung einer Reuters-Meldung, und dem, was die Tagesschau aus dem Vorfall machte:
Drittens, ist da die Textänderung zwischen den Tagesschau-Ausgaben um 16.00 Uhr und um 20.00 Uhr. Es wird jemand die Redaktion in Hamburg also auf den "Irrtum" hingewiesen haben. Doch statt sich zu entschuldigen und zumindest von einem "mutmaßlich ukrainischen" oder "nach Angaben der Separatisten ukrainischen" Beschuss zu sprechen, beließ man es bei dem Senden einer Falschmeldung. Die Formulierung um 20.00 Uhr ist nicht wahrer als die um 16.00 Uhr. Sie ist nur gerissener, manipulativer. Wer so handelt, der lügt bewusst. Der will lügen.
Und schließlich: Glaubt jemand wirklich daran, dass es bei der ARD auch nur einen Praktikanten gibt, der nach acht Jahren immer noch nicht weiß, wo Donezk liegt und wer es kontrolliert?
Die zehn Sekunden mit den Bildern eines ukrainischen Kriegsverbrechens in Donezk verbunden mit der manipulativen Suggestion der Tagesschau wurden zum "Anwärmen" gebraucht, um die richtige Stimmung für einen weiteren Auftritt des heldenhaften Selenkskij zu schaffen. Weil entsprechende Aufnahmen aus von Kiew kontrolliertem Gebiet nicht zur Verfügung standen, bediente man sich hemmungslos auf der anderen Seite. So, wie die italienische Zeitung La Stampa das auch schon getan hatte, als sie im März die Aufnahmen aus Donezk nach dem Angriff mit einer Totschka-U-Rakete als Folgen russischen Beschusses verkaufte.
Sie wurden gebraucht, um PR (PR ist die Bezeichnung für Propaganda der eigenen Seite) für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zu machen. Waffenlieferungen, die zu noch mehr Beschuss der Städte des Donbass, zu noch mehr Leid und noch mehr Tod führen werden.
Diese Art von "Journalismus", die in Wahrheit nichts anderes als Aktivismus ist, trägt einen großen Anteil an Verantwortung und Schuld daran, dass Russland nach acht Jahren Zuwartens und diplomatischer Bemühungen keinen anderen Weg zum Schutz der Menschenleben im Donbass und der eigenen Sicherheitsinteressen mehr sah als die militärische Intervention. Acht Jahre lang haben diese "Journalisten" in Hamburg, Köln, Berlin und München über den nahezu täglichen Beschuss der großen und kleinen Städte im Donbass hinweggesehen, über die Opfer unter den Zivilisten, unter den Kindern. Acht Jahre lang haben sie der deutschen Bevölkerung die Hälfte der Wahrheit verschwiegen. Und wenn sie überhaupt einmal über die Verbrechen des ukrainischen Regimes berichteten, wurden diese verharmlost und relativiert oder überaus verständnisvoll "in den Kontext eingeordnet".
Acht Jahre lang haben sie jede Schuld Russland zugeschoben und kein einziges Mal nachgehakt, warum die Ukraine ihre Verpflichtungen aus den Minsker Verträgen nicht erfüllt. Wann kam denn in den großen deutschen Medien die andere Seite zu Wort, wann konnte sie ihre Seite der Wahrheit darlegen? Ein einziges Mal hatte der Monitor im Jahr 2015 kurz auf Probleme bei den Ermittlungen der Maidan-Morde hingewiesen. Eine Fortsetzungssendung, ein Follow-Up hat es nie gegeben. Kein journalistischer Ehrgeiz mehr beim WDR? Oder darf in Deutschland nicht mehr berichtet werden, was nicht sein darf? Nicht über die unaufgeklärten Maidan-Morde, nicht über das ungesühnte Pogrom in Odessa, nicht über die unbestraften Mörder des Schriftstellers und Journalisten Olesj Buzina. Nicht über den Krieg des Regimes gegen die eigenen Staatsangehörigen im Donbass, nicht über die Nazi-Ideologie, die sich in diskriminierenden Gesetzen und in Straßennahmen, in der geistigen Lufthoheit der Nazi-Ideologen breitmacht.
Wie kleine Kinder, die sich beide Ohren zuhalten und laut "Ich höre nichts" trellern, wenn die Eltern eine unangenehme Ansage machen wollen, hat der deutsche Mainstream acht Jahre lang weggesehen, weggehört, verleugnet. Statt des kindlichen "Ich kann nichts hören, la, la, la, la" lautete der Satz, der allem nicht ins Weltbild Passendem entgegengebracht wurde eben "Russische Propaganda, la, la, la, la". Das Problem: So sehr man Unangenehmes verleugnet, davon geht es nicht weg. Irgendwann klopft es an der Tür.
Und jetzt, wo das westliche Lügengebäude, die Mär von der demokratischen und europäischen Ukraine, in der medialen Wahrnehmung des Westens zwar kurz auftrumpft, sich jedoch jederzeit an der Realität zu zerreiben, einzustürzen droht, haben die "Journalisten" nichts anderes mehr in der Hand als die Fakten umzudichten, sich eine eigene Realität zu erschaffen.
Dass Journalismus töten kann, wissen wir nicht erst seit der Tragödie von Rwanda, einem Völkermord, befeuert von "Journalisten" des Radio des Milles Collines. Der einseitige, parteiische, aktivistische, lügende Journalismus - er ist gefährlich. Nicht nur, dass er Emotionen anheizt: durch falsche Erzählungen verhindert er gute Lösungen.
Deutschland hat ein Problem: Manipulativer Journalismus
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.