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Führt das Pentagon die Militärputschisten in Westafrika, um Frankreichs Hegemonie zu übernehmen?

Wie authentisch ist die "antiimperialistische Volksbewegung", die im frankophonen Afrika die Militärputschisten unterstützt? Der kanadische Wirtschaftswissenschaftler Michel Chossudovsky untersucht die Hintergründe der Staatsstreiche, und belegt eine Einflussnahme des Pentagons.
Führt das Pentagon die Militärputschisten in Westafrika, um Frankreichs Hegemonie zu übernehmen?Quelle: www.globallookpress.com © Djibo Issifou / dpa

Von Felicitas Rabe

Seit dem Militärputsch in Niger, bei dem am 26.Juli die gewählte Regierung von Präsident Mohamed Bazoum gestürzt wurde, soll im frankophonen Westafrika spontan eine "antiimperialistische Volksbewegung" entstanden sein.

Die Volksbewegung unterstütze den militärischen Staatsstreich und den in der Folge regierenden "Conseil National pour la sauvegarde de la Patrie (CNSP) – zu Deutsch: "Nationalversammlung zur Rettung des Vaterlands" in Niger. Bei Demonstrationen forderten die Aktivisten die Befreiung von der neokolonialen französischen Herrschaft und den Abzug des französischen Militärs.

Die Anführer der Militärputschisten wurden in den USA ausgebildet

Aber handelt es sich bei dieser angeblichen Befreiungsbewegung tatsächlich um einen authentischen Aufstand der Menschen aus Westafrika? In seinem jüngsten Artikel erläutert der kanadische Publizist und Wirtschaftswissenschaftler Professor Michel Chossudovsky seine Zweifel an der Autenzität der "Volksbewegung". Er weist in dem am Mittwoch auf dem Nachrichtenportal globalresearch.ca erschienenen Beitrag nach, dass die führenden nigrischen Militärputschisten in den USA ausgebildet wurden. Seiner Meinung nach würde die CNSP-Militärführung (indirekt) vom Pentagon kontrolliert und diene US-amerikanischen Hegemonialinteressen. Dazu schreibt Chossudovsky:

"Die so genannte 'Antiimperialistische Volksbewegung' wurde absichtlich in die Irre geführt. Nigers CNSP-Militärjunta ist nicht dem Kampf gegen den von den USA unterstützten Neokolonialismus in Afrika südlich der Sahara verpflichtet. Ganz im Gegenteil: Die CNSP-Militärführung wird (indirekt) vom Pentagon kontrolliert."

Der Anführer des Putsches im Niger, General Abdourahamane Tchiani – derzeit ist er auch der Chef der CNSP-Militärregierung – soll seine militärische Ausbildung am College of International Security Affairs (CISA) der National Defense University (NDU) erhalten haben. Das CISA-College sei das "Aushängeschild des US-Verteidigungsministeriums für die Ausbildung und den Aufbau von Partnerkapazitäten im Kampf gegen Terrorismus, irreguläre Kriegsführung und integrierte Abschreckung auf strategischer Ebene." Und auch der oberste Militär, Brigadegeneral Barmou, habe seine militärische Ausbildung in den USA, in Fort Moore, Columbus, Georgia und an der NDU absolviert.

Auffällig seien für Chossudovsky zudem ein Kommentar im Wall Street Journal (WSJ) und eine Aussage, der stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland. Im WSJ habe man Brigadegeneral Barmou und sein Team als "die Guten" eingestuft:

"Im Zentrum des nigrischen Staatsstreiches steht einer von Amerikas Lieblingsgenerälen... [General Barmou]", zitierte der Ökonom aus einem WSJ-Bericht über den Putsch im Niger.  

Nuland habe die Zusammenarbeit von Oberst Barmou mit den USA mit den Worten kommentiert: (7. August 2023):

"General Barmou, ehemals Oberst Barmou, ist jemand, der seit vielen, vielen Jahren sehr eng mit den US-Spezialkräften zusammengearbeitet hat."

Man müsse verstehen, so Chossudovsky, dass Frankreich seinen neokolonialen Einfluss innerhalb der ECOWAS (Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten) ausübe, während die USA sowohl die ECOWAS als auch die Militärjunta CNSP im Niger kontrollierten.

Von den Medien sei bisher kaum zur Kenntnis genommen worden, was sich da gerade in Westafrika abspiele: "Offensichtlich gibt es einen Zusammenstoß zwischen den USA und Frankreich, der in den Medienberichten kaum zur Kenntnis genommen wird." Hier entstünden politische Spaltungen, die in einen bewaffneten Konflikt führen könnte. Schließlich habe die Mehrzahl der Analysten nicht mitbekommen, dass die Militärjunta CNSP enge Beziehungen zum Pentagon unterhält. Die Biden-Administration habe es explizit vermieden, den Sturz von Präsident M. Bazoum als "Staatsstreich" oder "Regimewechsel" zu bezeichnen.

Weitere Beispiele für falsche Befreiungsbewegungen in Afrika

An dieser Stelle erinnerte Chossudovsky an die Protestbewegung 2013 in Ägypten, die ebenfalls von außen manipuliert worden sei. Dabei hätten die Medien das ägyptische Militär als weitgehend "unterstützend" für die Protestbewegung dargestellt. Über die engen Beziehungen zwischen den Führern hinter dem Militärputsch und ihren US-Kollegen habe man auch damals nicht berichtet. Dabei sei der ägyptische Verteidigungsminister General Abdul Fatah Al-Sisi, der den Staatsstreich gegen Präsident Mursi veranlasst hatte, ein Absolvent des US War College in Carlisle, Pennsylvania. General Al-Sisi habe seit Beginn der ägyptischen Protestbewegung in ständigem Telefonkontakt mit US-Verteidigungsminister Chuck Hagel gestanden.

Washington wolle Frankreich aus Westafrika hinauswerfen. Das sei das unausgesprochene, aber eigentliche Ziel der indirekten US-Einmischung. Im Niger sei das US-Militär auf der US-amerikanischen Militärbasis USAFRICOM sehr präsent. Das US-amerikanische Militär habe in dem Land routinemäßig mit den nigrischen Militärs zusammengearbeitet. Auch die Militärputsche, die seit 2021 in anderen afrikanischen Ländern stattfanden, trügen demnach die Handschrift des Pentagons bzw. seien von in den USA ausgebildeten Militärs angeführt worden:

  • Mali: 24. Mai 2021, Oberst Assimi Goita
  • Guinea: 5. September 2021, Kommandant Mamady Doumbouya
  • Burkina Faso: 30. September 2022, Hauptmann Ibrahim Traoré
  • Niger: 26. Juli 2023, General Abdourahmane Tchiani

Die Schlüsselrolle von Victoria Nuland

Im Auftrag der Biden-Administration spiele Viktoria Nuland eine Schlüsselrolle bei der US-Einmischung in Afrika. "Sie war am 7. und 8. August 2023 in Niamey zu Gesprächen mit der Militärjunta sowie im Rahmen einer früheren 'behördenübergreifenden Delegation' im vergangenen Jahr in Burkina Faso, Mali, Mauretanien und Niger (16. – 23. Oktober 2022)." Einem Zitat im Rollingstone vom Februar 2023 zufolge, habe Nuland mit Blick auf die US-Strategie in der Sahelzone erklärt:

"Wir sind mit einer Armee in die Region gereist. Wir haben uns vor allem angeschaut, wie die US-Strategie für die Sahelzone funktioniert. Diese Strategie haben wir vor etwa einem Jahr ins Leben gerufen, um unsere Bemühungen um mehr Sicherheit kohärenter zu gestalten ...

In Burkina, in Niger und in Mauretanien arbeiten wir sehr eng mit deren Streitkräften, mit ihrer Gendarmerie und ihren Antiterroreinheiten zusammen, um sie bei ihren Bemühungen zu unterstützen, ihre Bevölkerung vor diesem Gift in Mali zu schützen." (Victoria Nuland, zitiert im Rollingstone, Februar 2023)

US-Hegemonie statt neokoloniale Befreiung

In mehreren frankophonen Ländern Afrikas südlich der Sahara habe sich ein bestimmtes Schema der US-Militarisierung (in Verbindung mit der Auferlegung einer neoliberalen makroökonomischen "Schockbehandlung") herausgebildet. Es sei bitter, dass der Prozess der "französischen Dekolonisierung" nicht die Einführung demokratischer Regierungsformen gewährleiste. Stattdessen begünstige der Prozess die hegemoniale Entwicklung des US-Neokolonialismus und die Militarisierung des afrikanischen Kontinents. Aus Solidarität mit den Menschen in Afrika müsse diese Entwicklung mit Nachdruck bekämpft werden, appelliert Michel Chossudovsky.

Mehr zum Thema - Macrons Rede zur Afrika-Politik: Fallen die USA den Franzosen in Niger in den Rücken?

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