Bundeswehr stellt "Heimatschutzregimenter" für den Inlandseinsatz auf
Als Konsequenz aus der Jahrhundertflut im Ahrtal, der Corona-Krise und dem eskalierten Krieg in der Ukraine sollen die bisherigen 16 Reservistenverbände in Deutschland bis zum Jahr 2025 zu insgesamt fünf Heimatschutzkompanien unter der Führung des für Inlandseinsätze zuständigen territorialen Führungskommandos der Bundeswehr zusammengelegt werden. Durch die neue Regimentsstruktur erhofft sich das Bundesverteidigungsministerium, Heimatschutzkräfte im Ernstfall schneller mobilisieren zu können.
"Mit der Regimentsstruktur sind die Heimatschutzkräfte unter einheitlicher Führung reaktionsschneller und können durch gemeinsame Ausbildungen und Übungen ihre Fähigkeiten verbessern", erklärte das Landeskommando Bayern der Bundeswehr dem Bayerischen Rundfunk. Aus der Fusion der Reservistenverbände aus Niederbayern, der Oberpfalz, Oberbayern sowie Schwaben und drei fränkischen Regierungsbezirken entstand dort als Pilotprojekt im April bereits das bundesweit erste Heimatschutzregiment. Dem "Heimatschutzregiment 1" – mit seinen derzeit rund 350 Reservisten – werden künftig etwa 450 Soldaten unterstehen.
Mit den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Bayern sollen noch in diesem Jahr zwei weitere Regimenter in Mecklenburg-Vorpommern und noch ein weiteres in Nordrhein-Westfalen entstehen. "Im Spannungs- oder Verteidigungsfall ist das Heimatschutzregiment auch in der Lage, militärische Aufgaben im Land zu übernehmen", sagte dem WDR Oberst Thomas Roßbroich, der mit dem Aufbau vom sogenannten "Heimatschutzregiment 2" in Münster betraut ist. Diesem Regiment sollen demnach später insgesamt 700 Soldaten und Reservisten angehören.
Die Heimatschutzregimenter 3 und 4 werden nach Angaben des zuständigen Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern mit je 100 Dienstposten versehen, die bis zum Jahr 2025 zu rund 80 Prozent mit Reservisten besetzt werden sollen. Wo das "Heimatschutzregiment 5" entstehen soll, ist indes noch offen.
Wann werden Heimatschutzkräfte eingesetzt?
Die Reservesoldaten sollen in der Regel in erster Linie die "aktive Truppe" entlasten, etwa indem sie zivile Organisationen bei der Katastrophenhilfe unterstützen oder in Notstandslagen auch mal Aufgaben zum Schutz bestimmter Einrichtungen sowie kritischer Infrastruktur wahrnehmen. Die dafür notwendigen Kenntnisse erlernen die Reservisten während einer siebenmonatigen Ausbildung, die laut Angaben des Bundesverteidigungsministeriums neben einer dreimonatigen Grundausbildung auch aus einer zweiteiligen Fachausbildung besteht. Auf der Webseite des Bundesverteidigungsministeriums heißt es hierzu:
"Ein Teil ist das Erlangen erweiterter Kenntnisse für den Einsatz im Rahmen allgemeiner Sicherungsaufgaben und Objektschutzaufgaben sowie Ausbildung und Einsatz mit den Handwaffen Pistole P8, Maschinengewehr MG 3, Panzerfaust sowie Erlernen von Verhaltensweisen gegenüber unkonventionellen Sprengfallen (C-IEDImprovised Explosive Device)."
Der Ausbildungsschwerpunkt des zweiten Teils liegt demnach auf der Vorbereitung der Soldaten auf "regionale Besonderheiten" im jeweiligen Bundesland, da die Reservisten nach erfolgreichem Abschluss nahe ihrer Heimatregion eingesetzt werden sollen. In Deutschland gibt es derzeit rund 15.000 Reservisten, die für sechs Jahre zur Verfügung stehen und an Übungen wie auch Einsätzen teilnehmen müssen.
Zuständig für die Regimenter wird das territoriale Führungskommando der Bundeswehr sein
Der Begriff "Heimatschutz" ist allerdings nicht ganz neu: In den Strukturen der Bundeswehr besteht er schon länger. Doch mit dem Ukraine-Krieg und befürchteten Volksaufständen infolge der Energiekrise in Deutschland lebt auch hierzulande die Diskussion um eine Stärkung dieses Bereichs wieder auf. So gründete das Bundesverteidigungsministerium vor diesem Hintergrund erst kürzlich ein territoriales Führungskommando, das für die neuen Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit zuständig sein soll.
"Der russische Einmarsch in der Ukraine hat die Notwendigkeit unterstrichen, die Führungsorganisation der Streitkräfte verstärkt auf die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten", hieß es in einer Erklärung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). "Hierzu haben wir entschieden, zum 1. Oktober 2022 ein 'Territoriales Führungskommando der Bundeswehr (TerrFüKdoBw)' in Berlin aufzustellen."
Das neue Kommando soll demnach künftig unter anderem für die operative Führung nationaler Kräfte im Rahmen des "Heimatschutzes" zuständig sein. Neben der Amts- und Katastrophenhilfe beinhaltet dies dann eben auch die zivil-militärische Zusammenarbeit von Reservisten, Polizei und Bundeswehr bei der Einsatz gegen Bürgerproteste, die in Deutschland wegen der verfehlten Corona- sowie Energiepolitik erwartet werden.
Ahnt die Bundesregierung bereits, künftig mehr Kräfte als nur jene der Bundeswehr und Polizei zu benötigen und treibt angesichts dessen ihre Militärreformen im Bereich des Innern voran? Dass dies der Fall sein kann, zeigt eine Äußerung der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die die Grünen-Politikerin gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) machte:
"Die Kanadier haben gesagt: 'Wir haben viele Fragen.' Da haben wir gesagt: Das können wir verstehen. Aber wenn wir die Gasturbine nicht bekommen, dann bekommen wir kein Gas mehr, und dann können wir überhaupt keine Unterstützung für die Ukraine mehr leisten, weil wir dann mit Volksaufständen beschäftigt sind."
Auf die Nachfrage, ob sie wirklich mit Volksaufständen rechne, erwiderte die Außenministerin zwar, das sei "vielleicht etwas überspitzt" ausgedrückt gewesen. Sie betonte aber auch, dass ein solches Szenario tatsächlich drohe, "wenn wir kein Gas mehr hätten".
"Das ist ja genau mein Punkt, dass wir Gas aus Russland weiter brauchen."
Die hohen Gaspreise seien für viele Menschen in Deutschland eine große Belastung, so Baerbock weiter. Der Auftrag der Bundesregierung sei es deshalb, "die sozialen Kompetenzen abzufedern". Was die Bundesregierung darunter genau versteht, ließ die Außenministerin allerdings offen. Ähnliche Äußerungen tätigte in diesem Zusammenhang auch Deutschlands ranghöchster Soldat, General Eberhard Zorn. "Ich kann Ihnen aktuell keine Beruhigung der Lage versprechen; eher im Gegenteil, alles nimmt zu, die Krisen werden mehr", mahnte Zorn am Donnerstag auf einer Veranstaltung des Verbandes der Reservisten im saarländischen Eppelborn:
"Es müssen viel mehr Truppenteile in der Lage sein, innerhalb kürzester Zeit mit Gerät und Personal präsent zu sein."
Da sei der Schwerpunkt zunächst in Europa, aber auch in der Welt, sagte der General. Deshalb wolle er das Sondervermögen der Bundeswehr unter anderem auch dafür nutzen, die einzelnen Landeskommandos der Reservisten zu stärken: "Ich will die Landeskommandos unverändert stärken und autark machen. Die Rolle der Reserve im Heimatschutz ist riesengroß und soll weiter gestärkt werden." Jeder Reservist solle somit wieder eine komplette persönliche Ausrüstung erhalten. Auf die genaue Art der Ausrüstung ging der Generalinspekteur der Bundeswehr allerdings nicht näher ein.
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