Europa

EU-Parlament verabschiedet "Medienfreiheitsgesetz"

Das EU-Parlament hat das umstrittene Medienfreiheitsgesetz verabschiedet. Mit ihm soll der Schutz von Medienkonsumenten vor Desinformation ausgebaut werden. Zu erwarten ist allerdings eine weitere Einschränkung der Informationsfreiheit und eine Zunahme von Zensur.
EU-Parlament verabschiedet "Medienfreiheitsgesetz"Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Dwi Anoraganingrum

"Diese Verordnung ist eine Antwort auf Orbán, Fico, Janša, Putin und diejenigen, die die Medien in ihre eigenen Propagandawerkzeuge verwandeln oder Fake News verbreiten und unsere Demokratien destabilisieren wollen", frohlockt Ramona Strugariu, Berichterstatterin des EU-Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres anlässlich der Verabschiedung des "Medienfreiheitsgesetzes" durch das EU-Parlament. Und damit illustriert sie unfreiwillig auch den eigentlichen Zweck der neuen Verordnung. Es geht nicht um den Schutz der Medienkonsumenten, sondern um die weitere Einschränkung des Diskursraums und die Ausweitung der Machtbefugnisse der EU-Kommission, ist zu befürchten.

Die Kommission versucht seit geraumer Zeit EU-weit festzulegen, welche Sichtweisen zu den großen Themen zulässig sind, daher öffentlich geäußert werden dürfen, und welche mit Verbot belegt werden müssen. Auftrieb bekommen hat diese bedenkliche Entwicklung in der Zeit der Maßnahmen zur Eindämmung von Corona, wo kritische Meinungen zu den Corona-Maßnahmen streng reglementiert wurden. In den sozialen Netzwerken wurden sie mit Hinweisen versehen und ihre Verbreitung eingeschränkt. Schon damals behauptete die Kommission, der Ursprung von Desinformation liege in Russland. In einer Mitteilung mit dem Titel "Bekämpfung von Desinformation im Zusammenhang mit COVID-19 – Fakten statt Fiktion" der Kommission an den Rat und das Parlament heißt es bereits 2020: 

"Die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin haben 2018 ihren Ansatz zur Bekämpfung von Desinformation dargelegt. Der Aktionsplan gegen Desinformation basiert auf den europäischen Werten und Grundrechten, insbesondere auf dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Er zeigt ein gesamtgesellschaftliches Konzept auf, das die Zusammenarbeit zwischen wichtigen Akteuren wie Behörden, Journalisten, Forschern, Faktenprüfern, Online-Plattformen und der Zivilgesellschaft verstärkt. Er baut auf den Erfahrungen der East StratCom Task Force auf, die 2015 im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen mit Ursprung in Russland eingerichtet wurde. Als wichtige Maßnahme des Aktionsplans von 2018 wurden die Plattformen dringend ersucht, den von ihnen im Nachgang zu der Mitteilung der Kommission vom April 2018 11 vereinbarten Verhaltenskodex für die Selbstregulierung im Bereich Desinformation umzusetzen. (...) Darüber hinaus haben die Europäische Kommission und das Europäische Parlament eine aktive Kommunikationspolitik sowie Strategien zur Widerlegung von Mythen entwickelt und u. a. Maßnahmen auf regionaler und lokaler Ebene ins Leben gerufen."

Zwar bekannte sich die EU zum Recht auf freie Meinungsäußerung, ergriff dann aber umfassende Maßnahmen zu ihrer Einschränkung. Mit dem EU-weiten Verbot von RT und Sputnik hat die EU-Kommission klar ihre Kompetenz überschritten. Folgen hatte das allerdings nicht. Im Gegenteil wird in der EU die Diskussion einer breiten Vielfalt an Meinungen nicht mehr als Ausdruck einer lebendigen Demokratie verstanden, sondern als deren Bedrohung. Ziel ist daher die Verengung des Meinungskorridors auf wenige und vor allem ausschließlich systemkonforme Sichtweisen. 

Kritiker befürchten, dass mit dem "Medienfreiheitsgesetz" dieser bedenkliche Weg fortgesetzt werden soll. Besonders besorgniserregend ist, dass dieses Gesetz die Schaffung einer eigenen Behörde vorsieht, die bei der EU-Kommission angesiedelt ist. Offiziell soll sie die Medienaufsicht der EU-Staaten koordinieren und abgleichen. Abzusehen ist jedoch, dass sie selbst zur Medienaufsicht wird und tief in die Souveränität der EU-Staaten eingreift.  Das Zitat von Strugariu macht deutlich, dass die EU die Hoheit über den politischen Diskurs in den EU-Staaten zum Ziel hat. Die Kommission strebt nach EU-weiter Kontrolle über die Medien, obwohl gemäß den EU-Verträgen die Medienregulierung Sache der EU-Staaten ist. 

Zudem soll künftig die Finanzierung offengelegt werden. Grundsätzlich ist die Maßnahme zu begrüßen, denn sie dient der Transparenz. Allerdings ist hier eine einseitige Auslegung zu erwarten. Zudem liegt sie im Widerspruch zum bisherigen Gebaren der EU. Während die Europäische Union die Kennzeichnung von vom Ausland finanzierten Medien in anderen Ländern –allen voran in Russland – anprangert, greift sie nun zu der gleichen Maßnahme. Besonders brisant: Als im vergangenen Jahr das Parlament in Georgien ein Gesetz verabschieden wollte, nach dem NGOs ihre Finanzierung aus dem Ausland offenlegen mussten, schritt die EU ein. Es hätte offengelegt, welche NGOs in Georgien von der EU finanziell unterstützt und zur Vermittlung EU-freundlicher Botschaften benutzt werden. 

Sorge besteht zudem, das Gesetz könnte zu einer Ausweitung der Überwachung von Journalisten führen. Die linke irische Abgeordnete Clare Daly meint, das neue Gesetz ermögliche die systematische Überwachung von Journalisten durch den Einsatz von Spyware. 

"So wie es jetzt aussieht, legalisiert das EMFA effektiv den Einsatz von Spyware gegen Journalisten", sagte sie. 

Der wohlklingende Name des Gesetzes kann kaum darüber hinwegtäuschen, dass mit ihm die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit in der EU weiter eingeschränkt und nicht etwa erhalten oder ausgeweitet werden soll. Damit folgt die EU einem allgemeinen Trend in den Ländern des Westens. Dort steht die Meinungsfreiheit und -vielfalt massiv unter Druck. 

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